VERWIRRSPIEL UND IRRFAHRT DENKMALSCHUTZ: WEISSE FENSTER SOLLEN WIEDER KOMMEN

Was heute die gestalterische Wirkung der denkmalgeschützten Gustavsburger Cramer-Klett-Siedlung in puncto geschlossenen homogenen Erscheinungsbild ausmacht, wird bald nur noch Geschichte sein, so der derzeitige Wille des Landesamts für Denkmalpflege Hessen (LfDH).

So wurde zu Beginn einer umfangreichen Generalsanierung und dem unter Denkmalschutzstellen der ehemaligen Arbeitersiedlung im Jahr 1979, das heutige Erscheinungsbild mit den Denkmalschutzbehörden abgestimmt. Nun soll ein Richtungswechsel stattfinden, in welchem Umfang dies erfolgen soll, ist gegenwärtig noch völlig ungewiss. Was aber außer Zweifel steht, die heutigen schokobraunen Fenster der Siedlungshäuser werden zukünftig wieder in weiß sein, so berichtet die Interessengemeinschaft der Cramer-Klett-Siedlung.

Trotz intensiver Anstrengungen der Interessengemeinschaft und einem geführten Widerspruchsverfahren, kann die Irrfahrt des LfDH nicht verhindert werden. Laut eigenen Angaben der Denkmalbehörden gibt es derzeit keine gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für den Fenstereinbau in der Farbe schokobraun, da der Einbau von braunen Fenstern das äußere Erscheinungsbild der Cramer-Klett-Siedlung beeinträchtigen würde. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Denkmalverzeichnis wären darüber hinaus die Fenster der ehemaligen Arbeitersiedlung in weiß gewesen. Laut weiterer Ausführungen der Denkmalschutzbehörden kommt es durch den Einbau von weißen Fenstern nicht zu einer noch über den jetzigen Zustand hinausgehenden Verunstaltung.

„Die Verunstaltung wird jetzt durch den Einbau von weißen Fenstern und allen weiteren geplanten Veränderungen im Erscheinungsbild beginnen“, so die stellv. Vorsitzende der Interessengemeinschaft Susanne Seebeck.

Ein großes Problem ist, das es in Deutschland keine einheitlichen Regelungen für den Denkmalschutz gibt. Jedes der 16 Bundesländer hat sein eigenes Denkmalschutzgesetz und entsprechend unterschiedliche Möglichkeiten für Vorschriften und Veränderungen.

„Ein denkmalgeschütztes Haus kaufen, diesem zu neuem Glanz verhelfen und dann in einer einzigartigen Immobilie wohnen. Ein schöner Traum – der sehr schnell zerplatzen kann“, so der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Matthias Welniak.

Denkmalgeschütze Häuser besitzen oftmals einen besonderen Charme. Einen Charme, den nicht wenige gerne zum Leben erwecken würden – wenn es denn nach ihrem eigenen Geschmack ginge. Genau das ist aber nicht der Fall. Was erlaubt ist und was nicht, was schützenswert ist und was nicht und wie genau bestimmte Arbeiten ausgeführt werden müssen, das bestimmt nicht der Eigentümer, sondern letzten Endes die Denkmalschutzbehörden.

Als Folge ergibt sich, dass die seinerzeit getroffene Absprachen bezugnehmend auf die Generalsanierung hinfällig geworden sind.

Es sind seit Jahren durch das LfDH, Leitlinien zum denkmalpflegerischen Umgang für die Cramer-Klett-Siedlung geplant. Aber was ist daraus geworden? Was für Auswirkungen hat eine solche Leitlinie für die Eigentümer? Der ursprüngliche Zustand, d.h. der bauzeitliche Gebäudebestand aus dem Jahr 1979, soll nach Aussage der Denkmalschutzbehörden sukzessive wiederhergestellt werden, indem denkmalschutzrechtliche Genehmigungen in den kommenden Jahren mit entsprechenden geänderten Auflagen erfolgen. Bereits erteilte Genehmigungen bleiben hiervon unversehrt gültig. Anderes würde sich das nach eigenen Angaben der Denkmalschutzbehörden bei nicht genehmigten Baumaßnahmen gestalten.

GENERALSANIERUNG UND DENKMALSCHUTZ

Im Jahr 1979 wurde die ehemalige Arbeitersiedlung nicht nur vom Land Hessen als Denkmal anerkannt, sondern es wurde eine zuvor nicht vorhandene Homogenität der Siedlungshäuser, respektive des Gesamtensemble geschaffen. In den letzten 13 Jahren haben bereits zahlreiche Sanierungsmaßnahmen stattgefunden. So wurden bereits vielfach Fenster unter den damaligen denkmalschutzrechtlichen Vorgaben bei den Häusern erneuert. Müssen diese Fenster nun mit weißer Farbe gestrichen werden? Derzeitige Pläne sind nicht bekannt, die Interessengemeinschaft der Gustavsburger Cramer-Klett-Siedlung kritisiert jedoch diese Vorgehensweise und Intransparenz seitens der Bauaufsicht der Kreisverwaltung Groß-Gerau und dem hessischen Landesamt für Denkmalpflege.

Was einst in einer 12-jährigen Generalsanierung mit viel Liebe zum Detail erschaffen wurde, wird nun über den Haufen geworfen. Das ist für die Interessengemeinschaft nicht nachvollziehbar. Diese Handlungsweise ist dilettantisch und verunstaltet das homogene Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Cramer-Klett-Siedlung für die kommenden 40 Jahre.

Eine solche massiv eingreifende Änderung im Erscheinungsbild müsste als Gesamtsanierungskonzept in einem denkmalgeschützen Ensemble mit seinen 36 Häuser, respektive 148 Wohneinheiten begleitet werden. Dieses Vorgehen widerspricht allen anderen bislang abgelehnten Baumaßnahmen der Eigentümer.

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