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WAS IST EIN KULTURDENKMAL?

Das hessische Denkmalschutzgesetz nennt in §2 Kulturdenkmäler „Sachen, Sachteile und Sachgesamtheiten, an deren Erhaltung aus künstlerischen, wissenschaftlichen, technischen,geschichtlichen oder städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.” Diese Denkmäler hat das Landesamt für Denkmalpflege nach landeseinheitlichen Maßstäben zu erfassen und zu dokumentieren.

  • Geschichtliche Denkmäler sind die wichtigste Kategorie der Denkmalpflege. Geschichtsdenkmale können Objekte wegen ihrer Bedeutung für Rechts- und Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Religions- und vor allem der Heimatgeschichte sein. Ebenso kommen Stätten eines wichtigen politischen Ereignisses oder des Wirkens einer bedeutenden historischen Persönlichkeit in Betracht. Nicht nur die Geschichte der Herrschaft, der Kirche und der Bürgerschaft gilt es zu sehen und zu bewahren, auch die Geschichte der Verfolgten, der sozial schwachen Schichten, der Tagelöhner und Arbeiter stellt ihre Denkmäler der Mühsal und des Leidens mit Recht dar. Der „Denkmal”-Begriff legt bei vielen Zeugnissen der jüdischen hessischen Bevölkerung und ihrer Verfolgung seinen eigentlichen Wortsinn, auch deren Bedeutung als Mahnmal, offen.

  • Künstlerische Gründe liegen vor, wenn Bauwerke das ästhetische Empfinden in besonderem Maße ansprechen, wenn sich im Bauwerk künstlerische Inspiration und Gestaltungskraft verwirklicht haben. Kunstgeschichtliche Gründe sprechen für ein Objekt, wenn ein Bau ein charakteristischer Vertreter einer Kunstrichtung oder Stilepoche ist und so die Entwicklung der Baugeschichte verdeutlicht. Künstlerischer Wert kommt dem Kunst- oder Baudenkmal besonderer Qualität, aber auch dem bescheideneren Kunstwerk im Rahmen seines jeweiligen Zusammenhangs zu. Herrenhäusern, Parks, Rathäusern, Stadtbefestigungsanlagen und städtischen Gebäuden stehen als gleichwertig anzusehende, sorgsam gestaltete Bauernhäuser und Katen, städtische Mietwohnungshäuser und Villen gegenüber. Auch einfachere Innenausstattungen wie Treppen, Stuckdecken, bemalte Balkendecken und Wände, Vertäfelungen, Türen, Mobiliar oder Öfen sind bedeutsame künstlerische Zeugnisse früherer Wohnkultur.

  • Wissenschaftliche Denkmäler sind Gegenstände oder Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung in sämtlichen wissenschaftlichen Gebieten.

  • Technische Denkmäler sind Zeugnisse der Entwicklung der Ingenieurkunst und zeichnen sich z.B. durch Innovation oder konstruktive Durchdringung aus. Beispielhafte Ingenieurleistungen der Industriellen Revolution sind hier genauso angesprochen wie technisch herausragende Bauwerke sowie technische Qualitäten in der Fertigungsmethode. Auch Belege herausragender Erfinder- und Ingenieurpersönlichkeiten zählen hierzu.

  • Städtebauliche Gründe Der städtebauliche Wert eines Kulturdenkmals liegt im allgemeinen in dem für das Orts- und Landschaftsbild wichtigen Zusammenhang. Hier kann das Einzelbauwerk eine besondere Stellung einnehmen oder die Gruppe zusammenstehender Gebäude das Straßen- oder Platzbild und sogar einen ganzen Stadtteil prägen. Einen ähnlichen Zusammenhang offenbaren auch einheitlich geplante und ausgeführte Siedlungen sowie Stadtbezirke. Zu städtebaulich wichtigen Zeugnissen gehören ferner Reste untergegangener Wehranlagen, die nur noch im Stadtgrundriss ablesbar blieben, Straßen- und Wegeverläufe, die für die Entwicklung bestimmter Bereiche und die Neubildung von Stadtteilen kennzeichnend wurden, aber auch die Parzellenstruktur von Siedlungskernen, die das Siedlungsgefüge aus der Gründungszeit bis in die Gegenwart überliefert.

Die verschiedenen Argumente für den Denkmalwert müssen so gewichtig sein, dass ein „öffentliches Interesse” an der Erhaltung bejaht werden kann. Das ist regelmäßig dann gegeben, wenn nach Auffassung eines breiten Kreises von Fachleuten die Erhaltungswürdigkeit vorliegt. Eine besondere Seltenheit oder der sogenannte „letzte Vertreter” muss indessen bei dem Objekt nicht vorliegen. Beachten Sie auch, dass der Erhaltungszustand des Hauses und Ihre Absichten mit dem Objekt hier keine Rolle spielen.Diese Argumente können erst gehört werden, wenn es um konkrete Veränderungswünsche geht, die zu einem Genehmigungsverfahren führen (siehe unten).

WAS HEISST EIGENTLICH "GESAMTANLAGE"?

Denkmalschutz besteht auch für historische Ortslagen, die sich geschlossen und in typischer Weise erhalten haben. Dazu kann ein mittelalterlicher Ortskern zählen, eine Ackerbürgerstadt in Fachwerk, ein Stadtquartier der Gründerzeit oder eine regionaltypische Siedlungsform wie Straßen- oder Haufendorf, die mit ihren charakteristischen Merkmalen noch heute erkennbar ist.

Diese Ortsteile und Straßenzüge werden als Gesamtanlage geschützt. An diesem Schutz nehmen alle Häuser teil, die innerhalb ihrer Grenzen liegen. Der Schutz reicht freilich nicht so weit wie bei einem Einzeldenkmal. Geschützt ist das historische Erscheinungsbild der Anlage. Nur Maßnahmen, die dieses Erscheinungsbild nachhaltig und dauerhaft beeinträchtigen, können abgelehnt werden.

Verbesserungen im Ensemble sind stets willkommen; unerhebliche Arbeiten an Objekten, die keinen wesentlichen Beitrag zum Ensemble darstellen, sind in der Regel unproblematisch. Die Mitsprache der Denkmalpflege will hier vor allem sicherstellen, dass das historische Ortsbild von störenden Einflüssen freigehalten wird.

WAS IST DAS DENKMALBUCH UND WELCHE FOLGE HAT EIN EINTRAG?

Bekommen Sie ohne Anhörung ein schlichtes Informationsschreiben, dass Ihr Haus aus den angegebenen Gründen ein Kulturdenkmal sei, haben Sie mit dem sogenannten „Nachrichtlichen Denkmalverzeichnis” zu tun, das in Hessen das Denkmalbuch darstellt. Denkmal „ist”, was die gesetzlichen Merkmale eines Kulturdenkmals erfüllt. Es braucht für diese Ausweisung also keinen Verwaltungsakt, die Denkmaleigenschaft tritt „ipso iure” ein, wie es im Juristendeutsch heißt.

“Nachrichtlich” bedeutet dabei, dass die Denkmaleigenschaft automatisch zur Aufnahme in das Denkmalbuch führt; ebenso führen die Verneinung oder der Verlust der Denkmaleigenschaft automatisch zur Streichung aus diesem Buch.

KANN ICH EINEM EINTRAG WIDERSPRECHEN?

Ein förmlicher Widerspruch gegen eine Denkmalinformation ist in Hessen nicht vorgesehen und auch nicht nötig. Gleichwohl müssen Sie sich mit den Gründen der Denkmaleigenschaft auseinandersetzen, wenn Sie mit der Einstufung als Kulturdenkmal nicht einverstanden sind.

Hierbei stehen Ihnen selbstverständlich Rechtsbehelfe des Verwaltungsrechts zur Verfügung: Nach Auffassung der meisten hessischen Verwaltungsgerichte können Sie – und das ist ein Vorteil! – ohne Beachtung von engen Fristen und Vorverfahren – direkt beim Verwaltungsgericht eine sogenannte Feststellungsklage erheben.

Weiterhin können Sie auch im Rahmen von konkreten Veränderungsplänen (Umbau, Renovierung, Abriss usw.) die Denkmaleigenschaft als Vorfrage zur Prüfung durch das Verwaltungsgericht stellen, wenn Ihnen ein Bauantrag nicht oder nicht im gewünschten Umfang genehmigt wurde. Beachten Sie aber stets, dass Sie dabei nur gehört werden, wenn Sie konkrete Gründe nachweisen, warum die festgestellten Denkmaleigenschaften (siehe oben 1. und 2.) nicht zutreffend sind, beispielsweise durch nicht erkennbare Umbauten, falsch angenommene Erbauungszeiten usw., die das „öffentliche Interesse an der Erhaltung” (so verlangt es §2 des Denkmalschutzgesetzes) schmälern oder beeinträchtigen können. Vielleicht aber haben Sie ja Ihren Umbau trotz alledem genehmigt bekommen und sogar einen Zuschuss und eine Steuerbescheinigung für die erheblichen Steuervorteile des Einkommenssteuergesetzes erhalten: Dann erübrigen sich freilich solche Klagen.

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